Edmund Husserls Nachlass
Chronik des Husserl-Archivs 2017–2022
Das Husserl-Archiv als Editions- und Forschungsinstitution
Historie: Das Kölner Husserl-Archiv wurde am 27.08.1951 durch einen Grundlagenvertrag der Philosophischen Fakultät der Kölner Universität mit dem Husserl-Archiv der Universität Leuven (Belgien) gegründet. Seine Hauptaufgabe besteht darin, in enger Kooperation mit dem zentralen Husserl-Archiv in Leuven an der 1950 begonnenen textkritischen Edition der Werke und nachgelassenen Forschungsmanuskripte des jüdisch-deutschen Philosophen Edmund Husserl (1859–1938) in der Reihe „Husserliana“ eigenständig und verantwortlich mitzuwirken. Das Husserl-Archiv der Universität zu Köln stellt heute in Deutschland die bedeutendste Editions- und Forschungsinstitution für das Werk E. Husserls und für die sich an seine Philosophie anschließende Phänomenologie dar. Es genießt hohes internationales Ansehen, was dazu geführt hat, dass hier viele in- und ausländische Stipendiat:innen und renommierte Husserl-Forschende ihre Studien vorantreiben.
Die editorische Arbeit: Die Editionsarbeit setzt eine inhaltliche Vertrautheit mit dem Ansatz der Husserl’schen Phänomenologie voraus. Der gesamte Nachlass umfasst mehr als 40.000 Blätter in Gabelsberger Stenographie beschriebener Manuskripte, die ca. 120.000 DIN A4-Seiten Transkription in Langschrift ergeben. Die Auswahl, die editorische Vorbereitung und die Drucklegung inhaltlich zentraler Texte aus dem sehr umfangreichen Nachlass sind die wichtigsten Aufgaben des Husserl-Archivs.
Forschung und interdisziplinäre Kooperation: Dem Husserl-Archiv obliegt als Forschungszentrum die Aufgabe, die internationale Forschung auf dem Gebiet der Phänomenologie zu koordinieren und deren neuesten Untersuchungsergebnisse zu verbreiten. Zu diesem Zweck werden in jedem Semester Kolloquien und Workshops abgehalten, in denen aktuelle phänomenologische Forschungen Fachwissenschaftler:innen zugänglich gemacht und diskutiert werden. Darüber hinaus werden regelmäßig Gastvorträge veranstaltet und Tagungen zur Phänomenologie organisiert und durchgeführt. Auf diese Weise wird ein internationaler wissenschaftlicher Austausch auf dem Gebiet der Phänomenologie ermöglicht, indem die Gastforschenden in ihren Aufenthalten am Archiv nicht nur beraten, sondern auch aufeinander bzw. auf die einschlägige Spezialliteratur in der Bibliothek verwiesen werden. Durch diese Orientierung ergibt sich organisch eine Koordination der phänomenologischen Forschung. Über die fachphilosophisch phänomenologische Arbeit hinaus hat sich das Husserl-Archiv zu einem Zentrum interdisziplinärer Forschung in den Bereichen Anthropologie, Kognitionswissenschaften, Kulturwissenschaften, Psychologie und Medizin entwickelt. Es kooperiert hier etwa im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder, in Sonderforschungsbereichen und Forschungsgruppen der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder in Einzelprojekten mit Partnern aus unterschiedlichsten Fächern, um einen phänomenologischen Zugang zu Bereichen wie Environmental Humanities oder Medical Humanities zu eröffnen und zu stärken.