Michaela Bstieler ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Philosophie und Kollegiatin der Doctoral School „Dynamiken von Ungleichheit und Differenz im Zeitalter der Globalisierung“ an der Universität Innsbruck. Sie hat in Innsbruck und Jerusalem Philosophie sowie Erziehungs- und Bildungswissenschaft studiert und weitere Gastaufenthalte in Berlin und Oviedo absolviert. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in der Politischen Philosophie, Sozialphilosophie und Ästhetik, wobei sie vor allem auf phänomenologische, poststrukturalistische und kritische Theorieansätze zurückgreift.
E-Mail: mbstieler@uni-koeln.de
Research Project
Figuren des Unwohnlichen. Eine politische Phänomenologie der Bleibe
Die Bleibe stellt in politischen Theoriebildungen seit jeher eine unverzichtbare und zugleich höchst umkämpfte Bezugsgröße dar. In der Geschichte der Philosophie ist die Bleibe dennoch häufig marginalisiert, ignoriert, universalisiert und ahistorisch gedacht worden. Übersehen wurde dabei lange die zentrale Bedeutung, die der Bleibe für die Subjektkonstitution zukommt: Die Welt-, Selbst-, und Fremdbezüge werden – so lautet die These der Arbeit – von den jeweiligen Bedingungen der Bleibe navigiert, die spezifische Erfahrungs-, Denk-, und Handlungshorizonte entweder öffnen oder verschließen. Die normative Signifikanz der Bleibe lässt sich dabei am deutlichsten anhand der Erfahrungen solcher Subjekte vor Augen führen, für die sich die Frage der Bleibe am dringendsten stellt. Gemeint sind Subjekte, die ihr Leben unter unwohnlichen Bedingungen arrangieren müssen, weil sie etwa Formen von Obdachlosigkeit, Exilierung, genozidaler Gewalt, Enteignung oder anderen Formen der Ausbeutung und Kriminalisierung ausgesetzt sind. Vor dem Hintergrund dieser Problemdiagnose beschäftige ich mich in meiner Dissertation mit vier Figuren von Unwohnlichkeit, die mit einer spezifischen Verlusterfahrung der Bleibe einhergehen: Weltlosigkeit (Arendt, Seghers), Verlassenheit (Levinas, Gradowski), Desorientiertheit (Fanon, du Bois), Angehaltenwerden (Ahmed, Hartman). Dabei arbeite ich heraus, wie sich unter spezifischen karzeralen Strukturen jeweils eine genuine Subjektivität herausbildet, indem ich die Selbst-, Welt-, und Fremdverhältnisse dieser Subjekte vor dem Hintergrund ihres jeweiligen „historischen Aprioris“ beschreibe. Dadurch sollen die mit den Figuren einhergehenden Erfahrungen in ihrer politischen Dimension erfasst und ihre Subjektivierung als politisch vermittelt erhellt werden.
Betreuung: Andreas Oberprantacher und Steffen Herrmann